Der Wille zur Macht als unbedingte Herrschaft der rechnenden Vernunft. Heideggers Sein als das Andere, als von den weltlichen Erscheinungen abgekoppelter Ursprung. Die Sackgasse der Seinsvergessenheit führt zur totalen Verwertung. Alles wird zum Rohstoff - auch der Mensch. Die Entfremdung des neuzeitlichen Menschen als wesentliche Tiefendimension der Geschichte. Heideggers Scheitern evoziert die nicht-ursprungsphilosophische dialektische Alternative: das Sein als kategorielles Sein des Seienden.



3.) Die 'Sackgasse' der 'Seinsvergessenheit' führt zur 'totalen Verwertung'. Alles wird zum Rohstoff - auch der Mensch.




Heidegger sieht überall vorrangig Reduktion. Das Denken wurde zur Technik reduziert, das Subjekt zum verknechteten Massenwesen und die Welt zum Rohstoff.

Dennoch scheint Heidegger innerhalb dieser radikal-dunklen Begrenzungen auch eine Helle, eine Offenheit zu sehen, die Möglichkeit einer künftigen ’Erinnerung des Menschen in sein Wesen’, in seine ihm zugrundeliegende__________ B) Der Übermensch.
Geschichte und in seinen Ursprung.

Wenn auch nicht absolut ausweglos - befindet sich unsere Zivilisation dennoch primär in einer Art ’Sackgasse’: am Ende einer langen Geschichte der 'Seinsverlassenheit'.

„Wenn das Denken zu Ende geht, indem es aus seinem Element weicht, ersetzt es diesen Verlust dadurch, daß es sich als Instrument der Ausbildung und darum als Schulbetrieb und später als Kulturbetrieb eine Geltung verschafft. ... Die sogenannte 'private Existenz' ist jedoch nicht schon das wesenhafte, nämlich freie Menschsein. Sie versteift sich lediglich zu einer Verneinung des Öffentlichen. Sie bleibt der von ihm abhängige Ableger und nährt sich vom bloßen Rückzug aus dem Öffentlichen. Sie bezeugt so wider den eigenen Willen die Verknechtung an die Öffentlichkeit. Diese selbst ist aber die metaphysisch bedingte, weil aus der Herrschaft der Subjektivität stammende Einrichtung und Ermächtigung der Offenheit des Seienden in die unbedingte Vergegenständlichung von allem. ... Was in ’Sein und Zeit’ (1927), §§ 27 und 35 über das 'man' gesagt ist, soll keineswegs nur einen beiläufigen Beitrag zur Soziologie liefern.“ (9)


Heidegger interpretiert die moderne Technik als letzte Konsequenz eines ’Seinsgeschicks’, in dem sich das ’Sein’ dem Menschen epochal-ereignishaft zuspricht. In der heutigen Seinsepoche der vollendeten Metaphysik erscheint dem Menschen alles Seiende in der Weise des ’Ge-stells’. Das ’Ge-stell’ meint nicht die Gesamtapparatur, sondern das ’Wesen der modernen Technik’, eine ’Weise des Entbergens’, das ’heraus- fordernde Entbergen’: „das Wirkliche in der Weise des Bestellens als Bestand zu entbergen.“ (10)

_9.) Heidegger, Brief über den 'Humanismus', a.a.O., S. 317/318
10.) Heidegger, Martin, Die Frage.nach der.Technik in: Vorträge und Aufsätze, Neske 1954, S. 24


Die Natur und der Mensch werden als ’Bestand’ he- rausgefordert, ’gestellt’, und zur Verwendung für das C) Der herausfordernde Taumel._Wirken und Planen der Technik ’bestellt’.Darin liegt _________________________die Gefahr, dass der Mensch alles Seiende und sich selbst nur noch als ’Bestand’, als Material für die erfolgsorientierte ’Herstellung’ und’ Verwertung’ von allem ’zustellt’ und alle anderen Weisen der Wahrheit und alle ’Nähe des Seins’ ’verstellt’. In der Epoche der vollendeten Metaphysik ereignet sich mit der ’Verlassenheit von der Wahrheit des Seins’ auch der ’Untergang der Wahrheit des Seienden’ - so folgt notwendig auf die Abkehr vom ’Wesen des Menschen’ die aus der Metaphysik stammende Verwüstung der Erde“. (11)


Am Ende taumelt der auf sich selbst erpichte Mensch als einheitlich durchorganisiertes Massenwesen immer schneller nur noch um sich selbst. Damit verliert er allen Bezug auf seinen Grund und auf jede Grenze. „Die Birke überschreitet nie ihr Mögliches. Das Bienenvolk wohnt in seinem Möglichen. Erst der Wille, der sich allwendig in der Technik einrichtet, zerrt die Erde in die Abmüdung und Vernutzung und Veränderung des Künstlichen. Sie zwingt die Erde über den gewachsenen Kreis ihres Möglichen hinaus in solches, was nicht mehr das Mögliche und daher das Unmögliche ist.“ (12)

11.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt III, a.a.O., S. 68
12.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt XXVII, a.a.O., S. 94



Philosophisch interessanter als die Frage, ob Hei- degger 1934 oder erst 1941 begriff, dass mit den Nazis keine Progression möglich ist, sind diejenigen Kon- struktionen im Denken Heideggers, die eine ’Kritische Theorie der Gesellschaft’ oder eine ’Kritische Zivil- sationstheorie’ weiterbringen können. Die unüber- sehbaren Affinitäten zwischen ’kritisch-theoretischen’ Motiven in Adorno-Horkheimers ’Dialektik der Aufklärung’ und ’seinsmetaphysischen’ Motiven in Heideggers ’Fragen nach der Technik’ ergeben sich aus dem gemeinsamen Brennpunkt: aus realen geschichtlichen Tendenzen.

Derartige Affinitäten vorschnell auszublenden, implizierte einen unkritischen Blickverzicht gerade auf diejenigen essentiellen Strukturmerkmale, deren Wirkpotentiale unter gegensätzlichen Blickwinkeln trotzdem parallele Interpretationen herausfordern. Die ___E) Die gestellte Natur.
'Dialektik der Aufklärung’ ist eine umfassende Kritik am
Naturverhältnis des Menschen, das in sein Selbstverhältnis zurückschlägt.


Das Naturverhältnis des Menschen besteht primär aus Beherrschung, Ausbeutung und Unterdrückung. Die Beherrschung der äusseren Natur gelingt nur, indem der Mensch permanent in einer disziplinierten und organisierten Wiederholungsform auf die Natur losgeht. Dazu muss er lernen, auch seine eigene innere Natur zu beherrschen. Am Ende gipfelt die Unterwerfung des Natürlichen unter das selbstherrliche Subjekt in der Herrschaft des Natürlichen:


„Jeder Versuch, den Naturzwang zu brechen, indem Natur gebrochen wird, gerät nur um so tiefer in den Naturzwang hinein. So ist die Bahn der europäischen Zivilisation verlaufen. Die Abstraktion, das Werkzeug der Aufklärung, verhält sich zu ihren Objekten wie das Schicksal, dessen Begriff sie ausmerzt: als Liquidation. Unter der nivellierenden Herrschaft des Abstrakten, die alles in der Natur zum Wiederholbaren macht, und der Industrie, für die sie es zurichtet, wurden schließlich die Befreiten selbst zu jenem 'Trupp', den Hegel als das Resultat der Aufklärung bezeichnet hat.“ (13)

13.) Horkheimer, Max / Adorno, Theodor W., Dialektik der Aufklärung, Philosophische Fragmente, Fischer, Frankfurt 1969, S. 19



___________________F) Der 'Trupp' als Resultat der Aufklärung.


„Das Wasserkraftwerk ist in den Rheinstrom gestellt. Es stellt ihn, auf seinen Wasserdruck, der die Turbinen daraufhin stellt, sich zu drehen, welche Drehung diejenige Maschine umtreibt, deren Getriebe den elektrischen Strom herstellt, für den die Überlandzentrale und ihr Stromnetz zur Strombeförderung bestellt sind. Im Bereich dieser ineinandergreifenden Folgen der Bestellung elektrischer Energie erscheint auch der Rheinstrom als etwas Bestelltes.“ (14)

14.) Heidegger, Die Frage nach der Technik, a.a.O., S. 19



“Nur insofern der Mensch seinerseits schon herausgefordert ist, die Natur-energien herauszufördern, kann dieses bestellende Entbergen geschehen. ... Der Forstwart ... ist heute von der Holzverwertungsindustrie bestellt, ob er es weiß oder nicht. Er ist in die Bestellbarkeit von Zellulose bestellt, die ihrerseits durch den Bedarf an Papier herausgefordert ist, das den Zeitungen und illustrierten Magazinen zugestellt wird. Diese aber stellen die öffentliche Meinung daraufhin, das Ge- druckte zu verschlingen, um für eine _ _G) Die bestellte Meinungsherrichtung________.bestellte Meinungsherrichtung bestell- bar zu werden. Doch gerade weil der Mensch ursprünglicher als die Naturenergien herausgefordert ist, nämlich in das Bestellen, wird er niemals zu einem bloßen Bestand. Indem der Mensch die Technik betreibt, nimmt er am Bestellen als einer Weise des Entbergens teil. Allein, die Unverborgenheit selbst, innerhalb deren sich das Bestellen entfaltet, ist niemals ein menschliches Gemächte, so wenig wie der Bereich, den der Mensch jederzeit schon durchgeht, wenn er als Subjekt sich auf ein Objekt bezieht.“ (15)

15.) Die Frage nach der Technik, a.a.O. S. 21/22


_____________________________H) Die herausfordernde Technologie.

Alles wird zum Rohstoff. Auch der Mensch als Subjekt aller Vernutzung ist in der Gefahr, zum reinen Rohstoff zu werden. Der herausgeforderte und herausfordernde Mensch gerät in seinem grenzenlosen Taumel in eine Weltverlorenheit, in eine Umgebungslosigkeit. Er wohnt nicht mehr, er ist nicht mehr in seiner Ortschaft heimisch:

"Die Heimatlosigkeit wird ein Weltschicksal. Darum ist es nötig, dieses Geschick seinsgeschichtlich zu denken. Was Marx in einem wesentlichen und bedeutenden Sinne von Hegel her als die Entfremdung des Menschen erkannt hat, reicht mit seinen Wurzeln in die Heimatlosigkeit des neuzeitlichen Menschen zurück." (16)

16.) Brief über den Humanismus, a.a.O., S. 340


________________________Platons Höhlengleichnis.


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„Jeder Versuch, den Naturzwang zu brechen, indem Natur gebrochen wird, gerät nur um so tiefer in den Naturzwang hinein.“ Seit langer Zeit versuche ich, politisch-philosophisch gegen die Selbstzerstörung unserer Zivilisation zu agieren und auch täglich zum Augenblicke sagen zu können: „Verweile doch! du bist so schön!" Nur durch intensive Erfahrung sind Menschen und Realitäten fassbar, zeigte mein Austauschjahr in Kalifornien. Der immense Technikfortschritt und barbarische Politikrückschritt liessen mich (statt Mathematik, Physik, Astrophysik etc.) Philosophie, Politik, Psychologie, Amerikanistik, Kunst studieren. Anders als die Schule liebte ich die damals 'freiere' Universität Berlin. Bis heute bin ich dort leidenschaftlich tätig. Seit 76 befasse ich mich mit Computerprogrammierung, später mit MIDI, Grafikprogrammen, Spracherkennung usw. Kreierte Aufsätze, Vorträge, Musik, Kunst, Videokunst, organisierte Ausstellungen, bin mehr als 30 Jahre gesegelt, liebe Natur und Abenteuer, lebte zeitweise auf dem Lande (ökolog. Landbau) und versuche jetzt, zwei allgemeinverständliche, spannend lesbare politisch-philosophische Bücher zu schreiben: Philosophie ist "ihre Zeit in Gedanken erfaßt".