Der Wille zur Macht als Zeitgeist. Falko Konrad

Der Wille zur Macht als unbedingte Herrschaft der rechnenden Vernunft. Heideggers Sein als das Andere, als von den weltlichen Erscheinungen abgekoppelter Ursprung. Die Sackgasse der Seinsvergessenheit führt zur totalen Verwertung. Alles wird zum Rohstoff - auch der Mensch. Die Entfremdung des neuzeitlichen Menschen als wesentliche Tiefendimension der Geschichte. Heideggers Scheitern evoziert die nicht-ursprungsphilosophische dialektische Alternative: das Sein als kategorielles Sein des Seienden.

Sisyphos.


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Inhalt:

1.) Der 'Wille zur Macht' als 'unbedingte Herrschaft der rechnenden Vernunft'.

2.) Heideggers 'Sein' als das Andere, als vom 'Seienden' (den weltlichen Erscheinungen) völlig abgekoppelter 'Ursprung'.

3.) Die 'Sackgasse' der 'Seinsvergessenheit' führt zur 'totalen Verwertung'. Alles wird zum Rohstoff - auch der Mensch.

4.) Die Entfremdung des neuzeitlichen Menschen als wesentliche Tiefendimension der Geschichte.

5.) Heideggers Scheitern evoziert die nicht-ursprungsphi-losophische dialektische Alternative: das 'Sein' als kategorielles 'Sein des Seienden'.

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1.) Der 'Wille zur Macht' als 'unbedingte Herrschaft der rechnenden Vernunft'.


"Die Umkehrung des Platonismus, dergemäß dann für Nietzsche das Sinnliche zur wahren Welt und das Übersinnliche zur unwahren wird, verharrt durchaus innerhalb der Metaphysik.“ (1)

Heidegger sieht in der Metaphysikgeschichte von Platon und Aristoteles über das christlich-mittelalterliche Denken bis zu Descartes, Leibniz, Kant, Hegel, Marx und Nietzsche eine immanente Kontinuität, einen Zusammenhang in den Grundpositionen.

Die Geschichte der Metaphysik sei seit ihren Anfängen von einer dominanten Tendenz zur technischen Interpretation des Denkens geprägt: Denken als „das Verfahren des Überlegens im Dienste des Tuns und Machens.“
(2)
A) Platon weist auf die himmlische
Ideenwelt, Aristoteles auf die boden-
ständige Welt der Dinge.


1.) Heidegger, Martin, Überwindung der Metaphysik, Abschnitt IX in: Vorträge und Aufsätze, Neske 1954, S. 75
2.) Heidegger, Brief über den 'Humanismus', in: Wegmarken, Klostermann, Frankf. a. M. 1967, S. 314


Nietzsches ’Wille zur Macht’ sei als extremster Subjektivismus keine Überwindung der Metaphysik, sondern die vorletzte Stufe der Vollendung der Metaphysik. "Das Ausbleiben der letzten Stufe gründe in Nietzsches ’Psychologie’, im Macht- und Kraft-Begriff, im Lebens-Enthusiasmus.“ Die allerletzte Stufe sei die im zwanzigsten Jahrhundert realisierte ’Seinsauffassung’ des ’Willens zur Macht’ als „unbedingte Herrschaft der rechnenden Vernunft“. (3)

Heidegger deutet die etwa 2300 jährige Metaphysikgeschichte im Hinblick auf das ’eigentlich’ zu denkende ’Sein’ vorrangig als eine Verfallsgeschichte - aber nicht nur. Denn er sieht uns nicht in einer absolut ausweglosen ’Sackgasse der Seinsvergessenheit und Seinsverlassenheit’, da sich in jeder Metaphysik, Wissenschaft oder Technologie ’Verbergung’ und ’Entbergung’ der ’Wahrheit des Seins’ zugleich ereignet: „Es gibt sich und versagt sich zumal“. (4)

3.) Heidegger, Überwindung der Metaphysik, Abschnitt XI, a.a.O. S. 77
4.) Brief über den 'Humanismus', a.a.O., S. 335




2.) Heideggers 'Sein' als das Andere, als vom 'Seienden' (den weltlichen Erscheinungen) völlig abgekoppelter 'Ursprung'.




'Es’ gibt - ’Es’ schickt das Sein und ’Es’ reicht die Zeit - ohne dass der Mensch über dieses ’Geschick’ verfügen könnte. Der Mensch könne lediglich hören, erwarten, hegen, vorausweisend geleiten oder das geschickhaft gegebene und zugleich versagte 'Sein lassen': das vom Sein übergebene dem Sein darbringen. So deutet Heidegger das Wesen des Handelns nicht im Sinne des kantischen Freiheitsmodells als ein spontanes In-Gang-Setzen einer Ursache-Wirkungskette - eher als ein Darbringen oder Vollbringen:

„Vollbringen heißt: etwas in die Fülle seines Wesens entfalten, in diese hervorgeleiten, producere. Vollbringbar ist deshalb eigentlich nur das, was schon ist. Was jedoch vor allem 'ist', ist das Sein. Das Denken vollbringt den Bezug des Seins zum Wesen des Menschen. Es macht und bewirkt diesen Bezug nicht. Das Denken bringt ihn nur als das, was ihm selbst vom Sein übergeben ist, dem Sein dar. Dieses Darbringen besteht darin, daß im Denken das Sein zur Sprache kommt. Die Sprache ist das Haus des Seins. In ihrer Behausung wohnt der Mensch.“ (5)

Der Mensch - nicht das Sein - ’wohnt’ in dieser sprachlichen Behausung. Das Sein wäre eher als die ’Fügung’ des Hauses zu sehen, die innere Ursprungs- und Entfaltungsstruktur eines sprachlichen Gehäuses, in dem der Mensch wohnt, ohne sein Architekt zu sein. Heidegger deutet das ’Gefüge’ dieses Gehäuses als aus einem exogenen ’Ursprung’ gegeben, geschickt, gereicht, zugesprochen.

Dieser Ursprung sei das ’Es’, das Sein und Zeit gibt. Im ’Denken’ kommt das vom ’Es’ geschickhaft gegebene Sein zur Sprache: „Das Denken handelt, indem es denkt. Dieses Handeln ist vermutlich das einfachste und zugleich das höchste, weil es den Bezug des Seins zum Menschen angeht. Alles Wirken aber beruht im Sein und geht auf das Seiende aus." (6)

5.) Ebd. S. 313
6.) Ebd.


Nach Heidegger verbirgt sich das Sein in der taumelnden Raserei der unbedingten Vergegenständlichung von allem und ’Es’ spricht sich uns zu - auch in den modernen Wissenschaften und Technologien. Demnach lägen extrem weiträumige Wege vor uns: „Die vollendete Metaphysik, die der Grund der planetarischen Denkweise ist, gibt das Gerüst für eine vermutlich lange dauernde Ordnung der Erde“. (7)

Deutet eine nüchterne und präzise Analyse der aktuellen weltpolitischen, politisch-ökonomischen und ökologischen Probleme nicht eher darauf, dass wir nur mehr ein paar Jahrzehnte, Jahre oder sogar noch weniger Zeit haben? Evoziert die aktuelle politische und zivilisatorische Krise nicht dringend ein elaboriertes Suchen, Erforschen und Einleiten realisierbarer positiver Entwicklungs-alternativen? Können wir noch - in Heideggers Sinne - nur wartend und suchend auf den Zuspruch künftiger seinsgeschichtlicher ’Ereignisse’ vorausweisen?

Heidegger sieht lediglich die Möglichkeit eines ’Denkens des Undenkbaren’ als suchendes und fragendes ’vorausweisendes Geleit’: „Keine bloße Aktion wird den Weltzustand ändern, weil das Sein als Wirksamkeit und Wirken alles Seiende gegenüber dem Ereignis verschließt.“ (8)

7.) Überw. d. Metaphysik, Abschnitt XII, a.a.O., S. 79

8.) Überw. d. Metaphysik, Abschn. XXVIII, a.a.O., S. 94



3.) Die 'Sackgasse' der 'Seinsvergessenheit' führt zur 'totalen Verwertung'. Alles wird zum Rohstoff - auch der Mensch.




Heidegger sieht überall vorrangig Reduktion. Das Denken wurde zur Technik reduziert, das Subjekt zum verknechteten Massenwesen und die Welt zum Rohstoff.

Dennoch scheint Heidegger innerhalb dieser radikal-dunklen Begrenzungen auch eine Helle, eine Offenheit zu sehen, die Möglichkeit einer künftigen ’Erinnerung des Menschen in sein Wesen’, in seine ihm zugrundeliegende__________ B) Der Übermensch.
Geschichte und in seinen Ursprung.

Wenn auch nicht absolut ausweglos - befindet sich unsere Zivilisation dennoch primär in einer Art ’Sackgasse’: am Ende einer langen Geschichte der 'Seinsverlassenheit'.

„Wenn das Denken zu Ende geht, indem es aus seinem Element weicht, ersetzt es diesen Verlust dadurch, daß es sich als Instrument der Ausbildung und darum als Schulbetrieb und später als Kulturbetrieb eine Geltung verschafft. ... Die sogenannte 'private Existenz' ist jedoch nicht schon das wesenhafte, nämlich freie Menschsein. Sie versteift sich lediglich zu einer Verneinung des Öffentlichen. Sie bleibt der von ihm abhängige Ableger und nährt sich vom bloßen Rückzug aus dem Öffentlichen. Sie bezeugt so wider den eigenen Willen die Verknechtung an die Öffentlichkeit. Diese selbst ist aber die metaphysisch bedingte, weil aus der Herrschaft der Subjektivität stammende Einrichtung und Ermächtigung der Offenheit des Seienden in die unbedingte Vergegenständlichung von allem. ... Was in ’Sein und Zeit’ (1927), §§ 27 und 35 über das 'man' gesagt ist, soll keineswegs nur einen beiläufigen Beitrag zur Soziologie liefern.“ (9)


Heidegger interpretiert die moderne Technik als letzte Konsequenz eines ’Seinsgeschicks’, in dem sich das ’Sein’ dem Menschen epochal-ereignishaft zuspricht. In der heutigen Seinsepoche der vollendeten Metaphysik erscheint dem Menschen alles Seiende in der Weise des ’Ge-stells’. Das ’Ge-stell’ meint nicht die Gesamtapparatur, sondern das ’Wesen der modernen Technik’, eine ’Weise des Entbergens’, das ’heraus- fordernde Entbergen’: „das Wirkliche in der Weise des Bestellens als Bestand zu entbergen.“ (10)

_9.) Heidegger, Brief über den 'Humanismus', a.a.O., S. 317/318
10.) Heidegger, Martin, Die Frage.nach der.Technik in: Vorträge und Aufsätze, Neske 1954, S. 24


Die Natur und der Mensch werden als ’Bestand’ he- rausgefordert, ’gestellt’, und zur Verwendung für das C) Der herausfordernde Taumel._Wirken und Planen der Technik ’bestellt’.Darin liegt _________________________die Gefahr, dass der Mensch alles Seiende und sich selbst nur noch als ’Bestand’, als Material für die erfolgsorientierte ’Herstellung’ und’ Verwertung’ von allem ’zustellt’ und alle anderen Weisen der Wahrheit und alle ’Nähe des Seins’ ’verstellt’. In der Epoche der vollendeten Metaphysik ereignet sich mit der ’Verlassenheit von der Wahrheit des Seins’ auch der ’Untergang der Wahrheit des Seienden’ - so folgt notwendig auf die Abkehr vom ’Wesen des Menschen’ die aus der Metaphysik stammende Verwüstung der Erde“. (11)


Am Ende taumelt der auf sich selbst erpichte Mensch als einheitlich durchorganisiertes Massenwesen immer schneller nur noch um sich selbst. Damit verliert er allen Bezug auf seinen Grund und auf jede Grenze. „Die Birke überschreitet nie ihr Mögliches. Das Bienenvolk wohnt in seinem Möglichen. Erst der Wille, der sich allwendig in der Technik einrichtet, zerrt die Erde in die Abmüdung und Vernutzung und Veränderung des Künstlichen. Sie zwingt die Erde über den gewachsenen Kreis ihres Möglichen hinaus in solches, was nicht mehr das Mögliche und daher das Unmögliche ist.“ (12)

11.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt III, a.a.O., S. 68
12.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt XXVII, a.a.O., S. 94



Philosophisch interessanter als die Frage, ob Hei- degger 1934 oder erst 1941 begriff, dass mit den Nazis keine Progression möglich ist, sind diejenigen Kon- struktionen im Denken Heideggers, die eine ’Kritische Theorie der Gesellschaft’ oder eine ’Kritische Zivil- sationstheorie’ weiterbringen können. Die unüber- sehbaren Affinitäten zwischen ’kritisch-theoretischen’ Motiven in Adorno-Horkheimers ’Dialektik der Aufklärung’ und ’seinsmetaphysischen’ Motiven in Heideggers ’Fragen nach der Technik’ ergeben sich aus dem gemeinsamen Brennpunkt: aus realen geschichtlichen Tendenzen.

Derartige Affinitäten vorschnell auszublenden, implizierte einen unkritischen Blickverzicht gerade auf diejenigen essentiellen Strukturmerkmale, deren Wirkpotentiale unter gegensätzlichen Blickwinkeln trotzdem parallele Interpretationen herausfordern. Die ___E) Die gestellte Natur.
'Dialektik der Aufklärung’ ist eine umfassende Kritik am
Naturverhältnis des Menschen, das in sein Selbstverhältnis zurückschlägt.


Das Naturverhältnis des Menschen besteht primär aus Beherrschung, Ausbeutung und Unterdrückung. Die Beherrschung der äusseren Natur gelingt nur, indem der Mensch permanent in einer disziplinierten und organisierten Wiederholungsform auf die Natur losgeht. Dazu muss er lernen, auch seine eigene innere Natur zu beherrschen. Am Ende gipfelt die Unterwerfung des Natürlichen unter das selbstherrliche Subjekt in der Herrschaft des Natürlichen:


„Jeder Versuch, den Naturzwang zu brechen, indem Natur gebrochen wird, gerät nur um so tiefer in den Naturzwang hinein. So ist die Bahn der europäischen Zivilisation verlaufen. Die Abstraktion, das Werkzeug der Aufklärung, verhält sich zu ihren Objekten wie das Schicksal, dessen Begriff sie ausmerzt: als Liquidation. Unter der nivellierenden Herrschaft des Abstrakten, die alles in der Natur zum Wiederholbaren macht, und der Industrie, für die sie es zurichtet, wurden schließlich die Befreiten selbst zu jenem 'Trupp', den Hegel als das Resultat der Aufklärung bezeichnet hat.“ (13)

13.) Horkheimer, Max / Adorno, Theodor W., Dialektik der Aufklärung, Philosophische Fragmente, Fischer, Frankfurt 1969, S. 19



___________________F) Der 'Trupp' als Resultat der Aufklärung.


„Das Wasserkraftwerk ist in den Rheinstrom gestellt. Es stellt ihn, auf seinen Wasserdruck, der die Turbinen daraufhin stellt, sich zu drehen, welche Drehung diejenige Maschine umtreibt, deren Getriebe den elektrischen Strom herstellt, für den die Überlandzentrale und ihr Stromnetz zur Strombeförderung bestellt sind. Im Bereich dieser ineinandergreifenden Folgen der Bestellung elektrischer Energie erscheint auch der Rheinstrom als etwas Bestelltes.“ (14)

14.) Heidegger, Die Frage nach der Technik, a.a.O., S. 19



“Nur insofern der Mensch seinerseits schon herausgefordert ist, die Natur-energien herauszufördern, kann dieses bestellende Entbergen geschehen. ... Der Forstwart ... ist heute von der Holzverwertungsindustrie bestellt, ob er es weiß oder nicht. Er ist in die Bestellbarkeit von Zellulose bestellt, die ihrerseits durch den Bedarf an Papier herausgefordert ist, das den Zeitungen und illustrierten Magazinen zugestellt wird. Diese aber stellen die öffentliche Meinung daraufhin, das Ge- druckte zu verschlingen, um für eine _ _G) Die bestellte Meinungsherrichtung________.bestellte Meinungsherrichtung bestell- bar zu werden. Doch gerade weil der Mensch ursprünglicher als die Naturenergien herausgefordert ist, nämlich in das Bestellen, wird er niemals zu einem bloßen Bestand. Indem der Mensch die Technik betreibt, nimmt er am Bestellen als einer Weise des Entbergens teil. Allein, die Unverborgenheit selbst, innerhalb deren sich das Bestellen entfaltet, ist niemals ein menschliches Gemächte, so wenig wie der Bereich, den der Mensch jederzeit schon durchgeht, wenn er als Subjekt sich auf ein Objekt bezieht.“ (15)

15.) Die Frage nach der Technik, a.a.O. S. 21/22


_____________________________H) Die herausfordernde Technologie.

Alles wird zum Rohstoff. Auch der Mensch als Subjekt aller Vernutzung ist in der Gefahr, zum reinen Rohstoff zu werden. Der herausgeforderte und herausfordernde Mensch gerät in seinem grenzenlosen Taumel in eine Weltverlorenheit, in eine Umgebungslosigkeit. Er wohnt nicht mehr, er ist nicht mehr in seiner Ortschaft heimisch:

"Die Heimatlosigkeit wird ein Weltschicksal. Darum ist es nötig, dieses Geschick seinsgeschichtlich zu denken. Was Marx in einem wesentlichen und bedeutenden Sinne von Hegel her als die Entfremdung des Menschen erkannt hat, reicht mit seinen Wurzeln in die Heimatlosigkeit des neuzeitlichen Menschen zurück." (16)

16.) Brief über den Humanismus, a.a.O., S. 340


________________________Platons Höhlengleichnis.




4.) Die Entfremdung des neuzeitlichen Menschen als wesentliche Tiefendimension der Geschichte.


Heidegger sieht die Technik als ’Seinsgeschick’, als ’Gestalt der Wahrheit’. Die Technik gründet in der Geschichte der Metaphysik. Die moderne Technik ist die Konsequenz der ’vollendeten Metaphysik’. Die Geschichte der Metaphysik „ist eine ausgezeichnete und die bisher allein übersehbare Phase der Geschichte des Seins. Man mag zu den Lehren des Kommunismus und zu deren Begründung in verschiedener Weise Stellung nehmen, seinsgeschichtlich steht fest, daß sich in ihm eine elementare Erfahrung dessen ausspricht, was weltgeschichtlich ist." (17)

17:) ebd.



Im 'Humanismusbrief' von 1946 deu- tete Heidegger im Bereich der Proble- matik der 'Entfremdung des Menschen' auf eine wesentliche und bedeutende Annäherung an Hegel und Marx, auf die Möglichkeit eines "produktiven Ge- sprächs" innerhalb der Dimension der "Wesentlichkeit des Geschichtlichen im Sein", die der "übrigen Historie", der Phänomenologie und dem Existenzi- alismus unzugänglich bleibt.

In Heideggers Perspektive „trägt und bestimmt“ die Geschichte des Seins nicht nur die Metaphysikgeschichte, sondern alle Geschichte, „jede con- dition et situation humaine.“ (18) Die seinsgeschichtliche ’Erinnerung’ umfasst die Metaphysikgeschichte der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Die Geschichte der Wahrheit des Seins ist „nie vergangen, sie steht immer bevor“.

Damit gründet alles Geschichtliche und alles Gesellschaftliche und alles Wesentliche dieses Geschichtlichen und Gesellschaftlichen in der gesamten ursprünglichen, gegenwärtigen und künftigen Seinsgeschichte „Was aus ihr stammt, läßt sich nicht durch Widerlegungen treffen oder gar beseitigen.“ (19)

Heidegger artikuliert hier die Auffassung, dass insbesondere Hegel und Marx, je auf ihre Weise, in unterschiedlichen Intentionen und Blickrichtungen, in wesentliche Tiefendimensionen der Geschichte hineinreichen, so dass seit Hegels Tod (1831) ohnehin kein Weg an Hegel vorbeiführen kann und sich mit den Nachfolgern und ihren Umkehrungen vielfältige Dialogmöglichkeiten anbieten: "Weil Marx, indem er die Entfremdung erfährt, in eine wesentliche Dimension der Geschichte hineinreicht, deshalb ist die marxistische Anschauung von der Geschichte der übrigen Historie überlegen.“ (20)

18.) Ebd. S. 314
19.)
20.) Brief über den Humanismus, a.a.O. S. 340


Marx und Heidegger versuchen, die Gesellschaft und ihre Geschichte nicht superfiziell zu reflektieren, sondern we- sentliche geschichtliche Tiefendimen- sionen theoretisch zu rekonstruieren. In ihren unterschiedlichen Perspekti- ven erscheinen einige Strukturmerkma- le unilateral, die nur in dieser einen Perspektive sichtbar sind, andere Strukturmerkmale erscheinen bilateral, aus verschiedenen Blickrichtungen he- raus ausgelegt und so kann es auf- grund der Merkmale in den 'Sachen selbst' zu parallelen Darstellungen kommen. Gerade derartige perspektivi- sche Konvergenzen sind philosophisch relevant.

Die ’intersubjektiven’ (21) Berührungspunkte zwischen Marx und Heidegger sind vielfältig: zwischen ihnen steht die nicht-eliminierbare Metaphysikgeschichte, insbesondere die hegelsche absolute Metaphysik und der wirkliche geschichtlich-gesellschaftliche Prozess in seiner objektiven Widersprüchlichkeit. Marx und Heidegger nähern sich intensiv bei der totalen kreisförmig rückgekoppelten ’Verwertung von Allem’.

Heidegger betrachtet zwar die 'totale Verwertung', den sich selbst 'verwertenden Wert', die sich selbst steigernde „Rüstung“, deren ’Nutzung’ zur ’Vernutzung’ eskaliert, und in „die Unbedingtheit der Steigerung und der Selbstsicherung ausgeht und in Wahrheit die Ziellosigkeit zum Ziel hat" (22), aber Heidegger geht nicht den folgerichtigen Schritt zur Analyse des 'Kapitals' und seiner Struktur als reale Trägerelemente des rechnenden 'Willens zur Macht'. Das ’Kapital’ selbst ist reines ’Machtmittel’, reiner Selbstzweck - also: beschleunigende Potenz in völliger Ziellosigkeit.

Heidegger interessiert sich mehr für die ursprüngliche ’Geschichte der Seinsauffassungen’ - weniger für die Folgen - und er findet einen unterhalb der realen Geschichte verlaufenden Seinsgrund, eine Art geschichtliches Unterbewusstsein. So fordert er eine ’Erinnerung in die Geschichte des Seins’:

21.) Vgl.: Husserl, Edmund, Cartesianische Meditationen, Felix Meiner Verlag
22.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt XXVI, a.a.O., S. 88



„Die seinsgeschichtliche Erinnerung mutet dem geschichtlichen Menschentum zu, dessen inne zu werden, dass vor aller Abhängigkeit des Menschen von Mächten und Kräften, Vorsehungen und Aufträgen das Wesen des Menschen in die Wahrheit des Seins eingelassen ist. Deshalb bleibt er lange Zeit ausgelassen aus seinem Wesen und zwar als der Eingelassene in den Aufstand des Herstellens innerhalb des Lichtungsbereiches des Seins im Sinne der unbedingten Vergegenständlichung“.(23)

In Heideggers Sicht ist es unmöglich, die Metaphysikgeschichte ad hoc zu destruieren, denn sie ist nicht nur Verfallsgeschichte, sondern ’Verbergung’ und ’Entbergung’ zugleich: ein ’Ereignis’ der Seinsgeschichte: „Zum Geschick kommt das Sein, indem Es, das Sein, sich gibt. Das aber sagt, geschickhaft gedacht: Es gibt sich und versagt sich zumal.

Gleichwohl ist Hegels Bestimmung der Geschichte als der Entwicklung des 'Geistes' nicht unwahr. Sie ist auch nicht teils richtig, teils falsch. Sie ist so wahr, wie die Metaphysik wahr ist, die im System zum erstenmal durch Hegel ihr absolut gedachtes Wesen zur Sprache bringt. Die absolute Metaphysik gehört mit ihren Umkehrungen durch Marx und Nietzsche in die Geschichte der Wahrheit des Seins. Was aus ihr stammt, läßt sich nicht durch Widerlegungen treffen oder gar beseitigen. Es läßt sich nur aufnehmen, indem seine Wahrheit anfänglicher in das Sein selbst zurückgeborgen ... wird." (24)

23.) Heideg, Die Erinnerung in die Metaphysik in: Nietzsche II, Pfullingen 1989, S. 82
24.) Brief über den 'Humanismus', a.a.O., S. 335/336



In Heideggers Erfahrungshorizont bildet die Seinsgeschichte diejenige Tiefendimension, die aller menschlichen Geschichte und allem menschlichen Handeln zugrunde liegt - unabhängig davon, ob die Menschen dies zur Kenntnis nehmen oder nicht. Die Seinsgeschichte ist „niemals ein menschliches Gemächte“ - sondern ’Es’ schickt das Sein und ’Es’ reicht die Zeit.

Allerdings verwahrt sich Heidegger entschieden dagegen, dieses schickende und reichende mit ’Gott’ zu identifizieren. Heidegger sucht mit seinem seinsgeschichtliches Denken eine ursprüngliche Grundsphäre, die noch vor dem Heiligen und Göttlichen liegt, in der das Heilige und Göttliche erscheinen könnte oder auch nicht.


Würde die suchende Frage nach dem Sein durch eine singuläre mythische, religiöse oder prophetische Gottesdefinition dogmatisch vorzeitig beantwortet, so wäre sie als fragende Suche stillgestellt. Sie hörte auf, weiterhin eine Frage zu sein - wir befänden uns ausserhalb der metaphysischen Fragestellung und auch ausserhalb der Philosophie, die als ‚Streben nach der Wahrheit’ niemals behaupten dürfte, sie hätte die eine absolute Wahrheit erreicht, denn damit wäre ihr Suchen beendet und damit sie selbst.

Heidegger behauptet nicht (in einem religiösen Sinne), den einen Ursprung gefunden zu haben - er sucht die Ursprungsdimension und versucht einen fragenden Dialog mit der gesamten abendländischen Geistesgeschichte und er fordert uns heraus, ebenfalls die totalitäre Enge des aus der vollendeten Metaphysik stammenden technisch-instrumentellen Betriebes zu verlassen und uns dem ’Denken des Ungedachten’ zuzuwenden und uns dabei nicht zu scheuen, auch die vielfältigen ’Holzwege’ zu begehen, die sich oftmals als Irrwege erweisen mögen - deren Irrtümlichkeit aber niemals diejenige ’Irrnis’ erreicht, die sich im grenzenlos taumelnden Universalgetriebe des ’Gestells’ ereignet und die Menschen in eine totale Unterschiedslosigkeit zwingt und durch die ’Vormacht der Leere aller Zielsetzungen’ das ’Ödland der verwüsteten Erde’ (25) hinterlässt.

In der Epoche der Seinsverlassenheit wird die Welt zur Unwelt: „Das Seiende, das allein im Willen zum Willen zugelassen ist, breitet sich in einer Unterschiedslosigkeit aus, die nur noch gemeistert wird durch ein Vorgehen und Einrichten, das unter dem "Leistungsprinzip" steht. ... Die Unterschiedslosigkeit der totalen Vernutzung entspringt einem "positiven" Nichtzulassen einer Rangstufung gemäß der Vormacht der Leere aller Zielsetzungen. Diese Unterschiedslosigkeit bezeugt den bereits gesicherten Bestand der Unwelt der Seinsverlassenheit. Die Erde erscheint als die Unwelt der Irrnis. Sie ist seinsgeschichtlich der Irrstern.“ (26)

25.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt III, a.a.O., S. 68
26.) Überwindung der Metaphysik, Abschnitt XXVII, a.a.O., S. 94





5.) Heideggers Scheitern evoziert die nicht-ursprungsphilo-sophische dialektische Alternative: das 'Sein' als kategoriel- les 'Sein des Seienden'.




Heidegger versucht, die Metaphysik zu verlassen. Er sieht in der Gegenwart das folgerichtige ’Ende der Philosophie’ und damit für uns die Aufgabe eines ’Anfangs des Denkens' - er will den Schritt zurück. Ursprünglich ist das ’Es’, das Sein und Zeit gibt. Das Sein ist nicht die letzte Instanz, sondern eine Gabe. Damit überschreitet man die Philosophie, die selbst zu einer Gabe aus dem Ungedachten wird.:


„Aber zweifellos hat Heidegger mit dem Schritt zurück mehr im Auge: Er möchte auch die Bewegungsart seines Den- kens auf einen einheitlichen Begriff bringen. Die weitergehende Intention kann sich darauf stützen, dass schon das Vorgehen von Sein und Zeit eigentlich ein Zurückgehen war, zum Beispiel vom Ich auf das Selbst. Damals wurde auch schon praktiziert, was die Entgegensetzung von Aufhe- ben und Schritt zurück mitmeint: Aufheben ist eines ins Höhere, einen Erheben, welches das Niedrigere zugleich aufbewahrt. Hingegen soll der Schritt zurück nichts von dem mitnehmen, das er hinter sich lässt, wenn er auch dessen verborgene Wurzeln freilegt. Wofern er im Felde der Geschichte des Denkens getan wird, landet er "nicht im schon Gedachten, sondern in einem Ungedachten, von dem her das Gedachte seinen Wesenszug empfängt" (27). ". (28)

27.) Heidegger, Martin, Identität und Differenz, Pfullingen 1957, S. 44
28.) Theunissen, Michael, Dialektik der Endlichkeit. Hegel von Heraklit bis Derrida, in: Dialektik und Differenz. Festschrift für Milan Prucha, Hrsg. Jubara, Anett und Benseler, David, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2001, S. 64/65




So ist das Selbst ganz anders beschaffen als das Ich, dem es doch zugrunde liegt. Schon hiermit war vorgezeichnet, dass erst recht der späte Heidegger den von ihm gesuch- ten Grund allem dialektisch Denkbaren entrückt.“ (29)

29.) Ebd. S. 65



Heidegger will tiefer als die Philosophie denken. Sein entrückter Grund ist mit der kritisch-kategoriellen Vorgehens- weise der Philosophie nicht vereinbar. Somit sind zwei gegensätzliche Inter- pretationen seines Weges möglich: entweder es gelingt ihm, konsequent tiefer als die Philosophie zu denken oder aber er scheitert im Hinblick auf die Philosophie.

Wenn Heidegger auch im Hinblick auf die kritisch-kategorielle philosophische Programmatik scheitert, so ist sein Denken dennoch nicht irrelevant. Und dies nicht nur in den Details. Wie er scheitert, der Weg seines Scheiterns, ist auf seine Weise absolut konsequent und damit philosophisch wertvoll. (30)

Heidegger reduziert die Doppeldeutigkeit der Metaphysik auf die eine Ursprungsdimension. "Jeweils geht das Denken den Schritt zurück.... Sogar Sein und Zeit werden verabschiedet... Die Lichtung des sich verbergenden Bergens": (31) 'Lichtung' und 'Anwesenheit'.

Heideggers Denken ist eine Variante der Ursprungsphilosophie, ein Gegenstück zu einer völlig transparenten Ursprungsphilosophie, wie sie etwa bei Hegel oder auch bei Husserl vorliegt. Heideggers Denken ist parallel zu Hegel und Husserl zwar ursprungsphilosophisch, aber in einem anderen Sinne und in diesem ist sie äusserst konsequent: ‚Hegel und Husserl haben nur das Helle gesehen, nicht das Dunkle, nicht das Offene, aus dem das Helle kommt’

30.) Vgl.: Prucha, Milan, Heidegger und das Problem der Metaphysik, Vorlesung SS 2006,

31.) Heidegger, Zeit und Sein, S. 51
.




Die tragische Blutspur der Geschichte und die äusserste Gefährlichkeit in der heutigen Zivilisationskrise lässt sich kaum mit Hegels ’heller’ fortschritts- optimistischer Konzeption eines sich erkennenden und verwirklichenden Weltgeistes und eines sich in der Geschichte eindeutig progressiv verwirklichenden Vernunft- und Freiheitsprinzips in Einklang bringen - eher schon mit den vielfältigen ’dunklen’ Aspekten in der heideggerischen Konzeption. (32)

32.) Vgl.: Prucha, a.a.O.



Heideggers Konzeption beruht auf der falschen Annahme, dass sich die Metaphysik auf Ursprungsphilosophie zurückführen liesse. Dies ist nicht möglich. Heidegger reduziert ihre 'Doppeldeutigkeit'.


Kant hatte das Problem gestellt, die Kategorien, die bei Aristoteles noch Bestimmungen des ’Seins des Seienden’ waren, als Verstandesbegriffe zu konzipie- ren. Die Kategorien müssen mit der Zeit vermittelt werden - auch das Sein: "Die Schemata sind daher nichts als Zeitbestimmungen a priori" (33) Heidegger hatte den kantischen Schematismus als wichtigste Neuerung der Kritik der reinen Vernunft angesehen.

Gilles Deleuze paraphrasierte Jean Rimbaud: "Ich bin ein anderer". Mein Ich ist durch die Zeit von sich selbst getrennt. Der Entzugscharakter der Zeit ist schon in 'Sein und Zeit’ eine Grunderfahrung. Das ’Es’ ist aus der Art des Gebens zu verstehen: als 'Geschick' und als 'lichtendes reichen'.

Die Zeit hat bei Heidegger den Charakter der 'Verweigerung' und des 'Vorenthalts': "Das Geben, das Zeit gibt, bestimmt sich aus der verweigernd, vorenthaltenden Nähe". Die Anwesenheit gibt in einem komplexen Charakter. Nähe ist verweigernd, vorenthaltende Nähe: Einheit von Helle und Dunkelheit. Es ist also zwischen dem ’Schicken des Seins’ und dem ’Reichen der Zeit’ zu unterscheiden. (34) Das ’Ereignis’ ist nicht nur das ’Schicken’, sondern als dieses auch der ’Entzug’.

33.) Kant, Immanuel, KdrV, B
34:) Vgl.:Heidegger, Zeit und Sein, a.a.O. S. 20




Heidegger reduziert die Doppeldeutigkeit der Metaphysik auf die eine Ursprungs-dimension, auf die Erkenntnis des vorzüglichsten Bezirks, der das Ganze bestimmt, und er vernachlässigt die Erkenntnis des ’Seins des Seienden im Allgemeinen’.

„Gerade für das, was Aristoteles als proton philosophia, als eigentliche Philosophie, Philosophieren in erster Linie, hier anstrebt, hatte man in der nachmaligen Schulphilosophie (Logik, Physik, Ethik) keine Disziplin und keinen Rahmen, in den sie hätte eingefügt werden können: meta ta physika ist der Titel für eine grundsätzliche philosophische Verlegenheit. Diese Verlegenheit wiederum hatte ihren Grund in der Ungeklärtheit des Wesens der Probleme und Erkenntnisse, die in den Abhandlungen erörtert werden. Soweit Aristoteles sich selbst darüber äußert, zeigt sich gerade in der Bestimmung des Wesens der ‚ersten Philosophie’ eine merkwürdige Doppelung. Sie ist sowohl ‚Erkenntnis des Seienden als Seienden’ (...) als auch Erkenntnis des vorzüglichsten Bezirks des Seienden (...), aus dem her sich das Seiende bestimmt.“ (35)

Aristoteles gibt Regeln, die für dieses einzelne Haus, diesen einzelnen Gegenstand, diesen einzelnen Sachverhalt gültig sind. In der ’Kategorienschrift’ wird der wichtigste aristotelische Seinsbegriff, das 'Wesen', als Regel aufgefasst.

Bei Aristoteles ist auch das 'Wesen' zweideutig 1.) als Regel für alle Seiende und 2.) als deren Ursprung. Die Metaphysik ist zweideutig. Die Ursprungsphilosophie in ihrer versuchten Eindeutigkeit führt in eine Sackgasse. Die Fährte Heideggers ist mit dem, was Philosophie bedeutet, nicht vereinbar. Heidegger will tiefer gehen als die Philosophie. Doch dies konnte nicht gelingen.


Jedoch hat Heidegger nicht alle Möglichkeiten ausgelotet. Er hat zwar das Scheitern der Ursprungsphilosophien dargelegt, aber nicht evoziert, dass das Denken des ’Seins des Seienden im Allgemeinen’ auch möglich ist. Er hätte auch nicht-ursprungsphilosophische Denkweisen untersuchen müssen. Eine nicht-ursprungsphilosophische Konzeption ist die Dialektik. (36).

35.) Heidegger, Martin, Kant und das Problem der Metaphysik, Klostermann 1973, S. 7
36.) Vgl. Prucha, a.a.O.




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Zum Artikel: Meditation über die Pfaueninsel - Berlins Arkadien. bitte hier klicken.
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Zum Artikel: Arkadien, der Traum von der Harmonie, von der wahrhaften Auflösung des Widerstreites. bitte hier klicken.
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Zum Artikel: Realistische Dialektik und das Problem einer Verwirklichung der Philosophie. "Das, was ist, kann nicht wahr sein". bitte hier klicken.



Zum Artikel: Vom Glasperlenspiel zur Quantenwelt. bitte hier klicken.


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Zur Animation: Vom Glasperlenspiel zur Quantenwelt. bitte hier klicken.
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Über mich

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„Jeder Versuch, den Naturzwang zu brechen, indem Natur gebrochen wird, gerät nur um so tiefer in den Naturzwang hinein.“ Seit langer Zeit versuche ich, politisch-philosophisch gegen die Selbstzerstörung unserer Zivilisation zu agieren und auch täglich zum Augenblicke sagen zu können: „Verweile doch! du bist so schön!" Nur durch intensive Erfahrung sind Menschen und Realitäten fassbar, zeigte mein Austauschjahr in Kalifornien. Der immense Technikfortschritt und barbarische Politikrückschritt liessen mich (statt Mathematik, Physik, Astrophysik etc.) Philosophie, Politik, Psychologie, Amerikanistik, Kunst studieren. Anders als die Schule liebte ich die damals 'freiere' Universität Berlin. Bis heute bin ich dort leidenschaftlich tätig. Seit 76 befasse ich mich mit Computerprogrammierung, später mit MIDI, Grafikprogrammen, Spracherkennung usw. Kreierte Aufsätze, Vorträge, Musik, Kunst, Videokunst, organisierte Ausstellungen, bin mehr als 30 Jahre gesegelt, liebe Natur und Abenteuer, lebte zeitweise auf dem Lande (ökolog. Landbau) und versuche jetzt, zwei allgemeinverständliche, spannend lesbare politisch-philosophische Bücher zu schreiben: Philosophie ist "ihre Zeit in Gedanken erfaßt".